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Arbeitskleidung

„Picco, Mode ist immer auch Psychologie. Dresscodes sind ein Machtinstrument.“ Mein Mensch kleidet sich an. Ich als Bärin bin überzeugte Pelzträgerin. Mag mein Mensch sagen was sie will - allein ich weiß, dass Deutsche nicht gern durch Experimente auffallen wollen. Außer mein Mensch vielleicht; sie trägt einfach, was sie will und eckt immer mit ganz eigenem (Uniform-) Stil an, frei und unangepasst à la Chanel.

Das trauen sich nur Frauen, die bereits angekommen sind. Dieser Uniform-Gedanke ist sehr klug. Erfolgreiche Businessfrauen haben diese ausgeklügelte Bausatz-Garderobe mit verschiedenen, ihrer Persönlichkeit und ihrer Stellung entsprechenden Keypieces, so wie Amal Clooney. Aber ihre dürre (ich sehe Hunger!!!) Figur ist nicht gerade exemplarisch für die meisten Frauen. Jogginghose und Sneaker dagegen sind nicht nur Dank Silicon Valley, sondern auch aufgrund des Sportswear Trends in der High-Fashion der vergangenen Jahre omnipräsent. Selbst Manager der Automobilbranche wie der ehemalige Daimler-Chef Zetsche oder Allianz-Oberhaupt Bäte haben sich zu offiziellen Anlässen demonstrativ in Turnschuhen gezeigt. Bei Zetsche nicht gerade der Karriere förderlich… Ist ein Leben auf Jogginganzug-Ebene für das eigene Selbstwertgefühl denn wirklich erstrebenswert? Es geht bei Mode schließlich immer auch darum, sich selbst Form zu geben. Sich durch eine Haltung in eine Stimmung zu versetzen: Vom verschlafenen Morgen-Ich ins professionelle Arbeits-Ich zu wechseln. Sich durch seriöse Kleidung Seriosität zu verleihen. Stichwort: Power-Dressing.

Möglicherweise sollte man sich auch einfach nur mal wieder fragen, warum das Wort „Verkleidung" eigentlich so einen schlechten Ruf hat. Verkleiden macht doch Spaß und gehört zum Leben. „Wir alle spielen Theater" heißt es beim Soziologen Erving Goffman, es erklärt, was Anhängern des sogenannten Authentizitätsideals vermutlich gar nicht gefällt: dass menschliche Interaktionen grundsätzlich Schau-spiele sind und Authentizität höchstens bedeuten kann, unsere jeweilige Rolle überzeugend zu spielen. Die Rollenuniform für Apple-Gründer Steve Jobs waren der schwarze Rollkragenpulli, Jeans, Turnschuhe. Mark Zuckerberg trägt graues T-Shirt und dunkelblauen Zipper-Hoodie. Karl Lagerfeld kleidete sich in der Öffentlichkeit immer gleich, genauso Barack Obama. Das Prinzip dahinter: Erstens nicht jeden Tag viel Zeit damit verschwenden, wie man aussieht, zweitens: Sich durch einen unverwechselbaren Look eine eigene Marke schaffen. Die eigene Rolle unterstreichen. Bis in die Neunzigerjahre hinein war es noch selbstverständlich, sich anlassbezogen zu kleiden und so die vielen unterschiedlichen Rollen des eigenen Lebens modisch zu verstärken. Um sich und anderen klarzumachen, welches Stück gerade aufgeführt wird. Und sich und andere zu schützen. Vor Grenzüberschreitungen. Vor Themaverfehlung.

Arbeitskleidung ist also immer auch Schutzkleidung. So wie der Feuerwehrmann schlecht beraten ist, im Polyesteranzug ins brennende Familienhaus zu rennen, und es dem Manager eines Unternehmens aus Autoritätsgründen hilft, sich modisch von seinen Angestellten abzuheben, geht es auch dem Freelancer im Home-Office auf Dauer besser, wenn er morgens duscht und sich etwas anzieht, das ihm eine gewisse Haltung verleiht, bevor er sich an den Schreibtisch setzt.

Mein Mensch trägt übrigens zum Arbeiten im Bett-Home-Office grundsätzlich ihre traumhaften, seidenen 800-€-Pajamas von Olivia von Halle. Selbstverständlich mit den passenenden, schweren, seidenen Morgenmänteln und Pantoffeln. Auch das ist eine angemessene Arbeitsuniform...

Danke an SZ und Mercedes Lauenstein für die Inspiration

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